Christian Berkels Roman "Ada"
Der schweigende Vater
Ein Mädchen, das im Nachkriegsdeutschland lebt wie in einem Keller voller Gerümpel: Auch in seinem zweiten Roman "Ada" verbindet Christian Berkel Welt- und Familiengeschichte.
"Und trotzdem", erzählt Ada, "ich hatte eine schöne Kindheit in Argentinien." Zu diesem Zeitpunkt weiß das kurz vor Kriegsende 1945 in Leipzig geborene Mädchen, die Hauptfigur in Christian Berkels neuem Roman "Ada", nicht, wer ihr Vater ist. Das ist Otto. Der befindet sich als Arzt der Wehrmacht noch in russischer Gefangenschaft. Später weigert er sich, von Berlin ins ferne Argentinien zu reisen. Zu Ada und ihrer Mutter Sala, die aus jüdischer Abstammung ist und das Lager in den Pyrenäen zwar überlebt, aber nach Auschwitz deportiert werden soll.
Sala gelingt die Flucht. Eine Odyssee beginnt, die sie und ihre Tochter Ada - verarmt, entwurzelt, sprach- und vaterlos - bis nach Buenos Aires führt. Dort wird Ada, die Deutsche, die kein Wort Deutsch spricht, von den Kindern in der Schule als Hexe gemieden, um später als Tochter der zum Personal degradierten Mutter erst verachtet, dann ausgepeitscht zu werden. In einer Klosterschule wartet zur Strafe eine Badewanne, "die sie mit Eiswasser füllten".
Wir sind noch am Anfang von Berkels Roman. Die Welt stellt sich aber schon als genau die Hölle dar, die sie eben auch ist für ein in der Nachkriegszeit heranwachsendes Kind, das sich zugleich heimatlos in den Himmel träumen und ebenso heimatlos in den Schlaf schluchzen kann. Wer jetzt nicht lacht über den Satz "ich hatte eine schöne Kindheit in Argentinien", der hat kein Herz. Wer nicht darüber weint, hat auch keines.
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