Bundesverfassungsgericht
Richter kippen Reform der Strafprozessordnung
Freigesprochene dürfen nach einem BVerfG-Urteil doch nicht noch einmal für dieselbe Tat angeklagt werden. Damit kippen die Richter die umstrittene Reform der Strafprozessordnung der Großen Koalition aus dem Jahr 2021.
Nur auf Basis neuer Beweise können freigesprochene Verdächtige nicht noch einmal für dieselbe Tat angeklagt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Geklagt hatte ein Mann, der 1981 in Niedersachsen eine Schülerin getötet haben soll und auf Basis neuer Beweise erneut angeklagt wurde. Das Wiederaufnahmeverfahren müsse beendet werden, sagte die Vorsitzende Richterin Doris König.
Die Ende 2021 in Kraft getretene Reform der Strafprozessordnung sei verfassungswidrig und nichtig, entschied das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe. Die heftig umstrittene Reform ermöglichte es, Tatverdächtigen auf Basis neuer Erkenntnisse noch einmal den Prozess zu machen. Der Bundestag hatte die Änderung der Strafprozessordnung (Paragraf 362) während der Großen Koalition von Union und SPD beschlossen.
Vorher war es nur in wenigen Fällen möglich gewesen, ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren zuungunsten des Angeklagten noch einmal aufzurollen - etwa im Falle eines Geständnisses. Seit der Gesetzesreform ging das auch, wenn "neue Tatsachen oder Beweismittel" auftauchen. Die Regelung ist auf schwerste Verbrechen wie Mord, Völkermord und Kriegsverbrechen beschränkt, die nicht verjähren.
Beim Ausfertigen des Gesetzes hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angeregt, es wegen verfassungsrechtlicher Zweifel "einer erneuten parlamentarischen Prüfung und Beratung zu unterziehen". Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) plädierte nach dem Regierungswechsel im Bund ebenso dafür, es noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Sonst stünde jeder Freispruch unter Vorbehalt.
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