Joseph Freiherr von Eichendorf
Waldgespräch
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reitst du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
Du schöne Braut! Ich führ dich heim!
»Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin.«
So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn ich dich – Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei.
»Du kennst mich wohl – von hohem Stein
Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!«
Reset the World!
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Zitat von Sirius
Joseph Freiherr von Eichendorf
Waldgespräch
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reitst du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
Du schöne Braut! Ich führ dich heim!
...
Irgendwie verschwimmt das alles jetzt in meinem Hirn zu einem einzigen. undefinierbaren Romantik-Geschwulpse von Frauen, Mägdlein, Pferden, Gräbern in Flüssen, Frauen, Mägdlein, Tränen, Tränen, Mühlen... GÄHHHHHN! Also, Sirius, wenn ich das hier bezahlen müsste, so als Gedichte-Abo, würde ich das Abo so langsam kündigen... Aber bitte mach weiter, weil auch dieses überflüssige Gedicht hält einen Gedankenblitz bereit: KANN ES SEIN, dass die Männer der Romantik einfach nur ANGST vor Frauen hatten---?
LG
Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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Wenn vielleicht auch nicht jedes der vorgestellten Gedichte des Lesens wert ist, deine Kommentare, Jörn, sind es allemal!
Schenke der Welt mein Lächeln,
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Ja, Jörn, bei einem Abo würde ich natürlich noch einen Lessing drauflegen, bevor du einschläfst. Ob der dann hilft, wage ich aber auch zu bezweifeln. Die hundert schäfrigsten Gedichte haben wir bald durch, die endlos langen, wo sie sich am Ende auch nicht kriegen, lasse ich eh weg, sonst rostet Tacheles durch.
Die blumige Sprache der Vöglein und Mägdlein nervt mich am meisten, man kann sich da lyrisch entlieben.
Möglich, dass die auch Angst vor den Frauen hatten, da waren ja auch viele im römisch-griechischen Stil darunter, die muss man auch erst mal bewältigen.
Sirius
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Annette von Droste-Hülshoff
(1797-1848)
Im Grase
Süße Ruh', süßer Taumel im Gras,
Von des Krautes Arome umhaucht,
Tiefe Flut, tief tief trunkne Flut,
Wenn die Wolk' am Azure verraucht,
Wenn aufs müde, schwimmende Haupt
Süßes Lachen gaukelt herab,
Liebe Stimme säuselt und träuft
Wie die Lindenblüt' auf ein Grab.
Wenn im Busen die Toten dann,
Jede Leiche sich streckt und regt,
Leise, leise den Odem zieht,
Die geschloßne Wimper bewegt,
Tote Lieb', tote Lust, tote Zeit,
All die Schätze, im Schutt verwühlt,
Sich berühren mit schüchternem Klang
Gleich den Glöckchen, vom Winde umspielt.
Stunden, flüchtger ihr als der Kuß
Eines Strahls auf den trauernden See,
Als des ziehenden Vogels Lied,
Das mir nieder perlt aus der Höh,
Als des schillernden Käfers Blitz,
Wenn den Sonnenpfad er durcheilt,
Als der heiße Druck einer Hand,
Die zum letzten Male verweilt.
Dennoch, Himmel, immer mir nur
Dieses Eine mir: für das Lied
Jedes freien Vogels im Blau
Eine Seele, die mit ihm zieht,
Nur für jeden kärglichen Strahl
Meinen farbig schillernden Saum,
Jeder warmen Hand meinen Druck,
Und für jedes Glück meinen Traum.
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Eduard Mörike
Gesang Weylas
Du bist Orplid, mein Land!
Das ferne leuchtet;
Vom Meere dampfet dein besonnter Strand
Den Nebel, so der Götter Wange feuchtet.
Uralte Wasser steigen
Verjüngt um deine Hüften, Kind!
Vor deiner Gottheit beugen
Sich Könige, die deine Wärter sind.
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Zitat von Sirius
Eduard Mörike
Gesang Weylas
Du bist Orplid, mein Land!
Das ferne leuchtet;
Vom Meere dampfet dein besonnter Strand
Den Nebel, so der Götter Wange feuchtet.
Uralte Wasser steigen
Verjüngt um deine Hüften, Kind!
Vor deiner Gottheit beugen
Sich Könige, die deine Wärter sind.
Hääääääh? Ich glaub, ich hab ein Schlaganfall.
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Zitat von Sirius
Eduard Mörike
Er ist's
Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
- Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!
Ich kann mir nicht helfen: Das ist irgendwie süß, das ist schön. So unschuldig. Und "Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte" ist natürlich Legende. Was ich erstaunlich finde: Zur Zeit der Romantik, Mann, die hatten echt Probleme, gesellschaftlich, politisch, versorgungstechnisch. Und dann hüllen irgendwelche Dichter alles ständig in rosarote Wattebäuschchen, wie die Kinder, als ob sie keine anderen Probleme hätten, als wär das ganze Leben ein Sonntag um 7.00 Uhr morgens... Probleme hatten sie vielleicht auch nicht, weil geschrieben hat ja nur die Oberschicht. (Gab es damals schon Watte?) Auf jeden Fall hatten die Leutchen uns eins voraus: Verbindung zur Natur.
Jörn
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Zitat von Sirius
Johann Wolfgang von Goethe
(1771, Erstdruck 1789)
Heidenröslein
Sah ein Knab ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell, es nah zu sehn,
Sah's mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden...
Was für eine üble Rollenverteilung. Der Mann ständig der Agens und Täter, die Frau immer das Opfer, selbst wenn sie sagt: Will nicht. Nein heißt Nein. Man kann doch jemanden lieben, ohne jemanden zu brechen. Und man kann auch jemanden lieben, ohne ihn gleich haben, besitzen zu wollen. Oder, Johann, Wolfgang, von? Er hätte dem Röslein auch einfach nur Wasser geben können oder die Läuse wegwischen können, der Knab - DAS wäre Liebe gewesen. Wahrscheinlich wollte Johann, Wolfgang, von, genau DAS mit dem Gedicht sagen.
Jörn
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Wilhelm Müller (1794-1827)
Der Lindenbaum
Am Brunnen vor dem Tore
Da steht ein Lindenbaum:
Ich träumt' in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde
So manches liebe Wort;
Es zog in Freud' und Leide
Zu ihm mich immer fort.
Ich musst' auch heute wandern
Vorbei in tiefer Nacht,
Da hab' ich noch im Dunkel
Die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier findst du deine Ruh'!
Die kalten Winde bliesen
Mir grad' ins Angesicht,
Der Hut flog mir vom Kopfe,
Ich wendete mich nicht.
Nun bin ich manche Stunde
Entfernt von jenem Ort,
Und immer hör' ich's rauschen:
Du fändest Ruhe dort!
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Oha! Da werden Erinnerungen wach.
Dieses Lied hat mich eine ganze Mittsommernacht gekostet, weil mir der ungarische Freund meines norwegischen Verwandten bei dem ich zu Besuch war, unter Zuhilfenahme der Zeit und einiger Flaschen Wein, Zeile für Zeile zu entlocken suchte.
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Johann Wolfgang von Goethe
Mailied
Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Und tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch
Und Freud' und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd', o Sonne!
O Glück, o Lust!
O Lieb', o Liebe!
So golden schön,
Wie Morgenwolken
Auf jenen Höhn!
Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blütendampfe
Die volle Welt.
O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb' ich dich!
Wie blickt dein Auge!
Wie liebst du mich!
So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,
Wie ich dich liebe
Mit warmem Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud' und Mut
Zu neuen Liedern
Und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich,
Wie du mich liebst!
Na ja..
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Heinrich Heine
Du bist wie eine Blume
Du bist wie eine Blume,
So hold und schön und rein;
Ich schau dich an, und Wehmut
Schleicht mir ins Herz hinein.
Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt,
Betend, daß Gott dich erhalte
So rein und schön und hold.
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Zitat von Sirius
Heinrich Heine
Du bist wie eine Blume
Du bist wie eine Blume,
So hold und schön und rein;
Ich schau dich an, und Wehmut
Schleicht mir ins Herz hinein.
Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt,
Betend, daß Gott dich erhalte
So rein und schön und hold.
Das ist schön und wiederum: rein. Aber irgendwie nimmt man ihm nicht ab, daß nicht doch die GIER erwacht.
Jörn
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Hoffmann von Fallersleben
Helgoland 16. August 1841
Das Lied der Deutschen.
Deutschland, Deutschland über Alles,
Über Alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält.
Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt,
Deutschland, Deutschland über Alles,
Über Alles in der Welt!
Deutsche Frauen, Deutsche Treue,
Deutscher Wein und Deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler That begeistern
Unser ganzes Leben lang —
Deutsche Frauen, Deutsche Treue,
Deutscher Wein und Deutscher Sang!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das Deutsche Vaterland!
Danach laßt uns alle streben
Brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unterpfand —
Blüh’ im Glanze dieses Glückes,
Blühe Deutsches Vaterland!
Ein Lied, ein Volk und ewig kotzen.
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